In unserer Küche steht noch immer dieses kleine Töpfchen mit Klee und dem Schornsteinfeger. Normalerweise überleben diese kleinen Silvesterpflanzen bei mir nicht allzu lange, aber diese möchte einfach bleiben und hat sogar unsere 6 Wochen Abwesenheit Südafrika überstanden (dank freundlicher Pflanzenpflege).
Immer, wenn ich morgens diesen Klee in dem rosa karierten Topf sehe, füllt sich mein Herz mit Hoffnung und gleichzeitig habe ich Angst das die Pflanze sich entscheidet einfach zu verblühen. Es ist ein bisschen so, als wäre dieser Klee zu meiner ganz persönlichen Symbolfigur für 2020 geworden. So lange es der kleinen Topfpflanze gut geht, können wir das Ruder noch rumreißen oder so ähnlich… tickt es immer mal wieder in meinem Kopf herum.
6 Wochen Pandemie und trotz einer Art Gewöhnung fühlt es sich für mich an, als hätte das alles gar nichts mit mir zu tun. Ich sehe, höre und lese all die Nachrichten und kann eigentlich immer noch nicht so richtig begreifen, was da auf der ganzen Welt und unmittelbar um uns herum passiert.
Manchmal, wenn ich ntv gucke, muss ich an all diese Hollywoodfilme über das Ende der Welt denken. Nachrichtensprecher müsste man sein, denke ich dann immer. Die sitzen wirklich bis zum bitteren Ende auf ihrem Stuhl und informieren uns, selbst wenn im Hintergrund ein Vulkan explodiert oder eine Flutwelle im Anmarsch ist. Alle rennen um ihr Leben, aber die adrette Blondine im Studio blinzelt nur verstört auf die verwackelten Bilder und versucht die Fassung zu bewahren und weiterzumachen. Könnte ja der große Durchbruch sein, wenn man am Ball bleibt…
Und wenn mir Facebook noch mehr Texte über „5 Dinge, die ich aus der Krise lernen kann“ oder die nächsten 100 Kurse für mentale Selbstoptimierung anzeigt… muss ich leider auch einfach mal ausflippen.
Normalerweise durchläuft man ja bei „Extremsituationen“ verschiedene Phasen. Allerdings ist es im Moment so, als wäre auch hier das Chaos ausgebrochen, denn ausgehend von mir selbst, klatschen sich Gefühle aller Art, alle 3 Tage fröhlich ab. Beständigkeit in meinem „Emotionshaushalt“? Fehlanzeige.
An so vielen Momenten tagsüber fühlt sich alles komplett normal an, wenn man mal von Masken im Supermarkt absieht. Am Wochenende war ich mal in der Stadt und bin nach knapp 30 Minuten wieder umgekehrt. Mir fehlt das Drumherum, wenn ich ehrlich bin. Offene Cafés oder Bars… eine Möglichkeit sich einfach mal hinzusetzen, die Seele baumeln lassen, Menschen beobachten… Mein Interesse, mich in der Stadt aufzuhalten, ist also gleich null und dabei spielt es auch keine Rolle, ob irgendwelche Geschäfte auf oder zu sind.
Es ist ein bisschen wie früher, also als ich noch Kind war. Als wären wir in der Geschichte rückwärts gelaufen und sind wieder in der DDR gelandet. Wir stehen wieder Schlange, manche Sachen gibt es nur auf Zuteilung und reisen dürfen wir auch nicht.
Das absolut verrückte an dieser Situation ist… ich mag diese entschleunigte Zeit und ich hab sogar ein bisschen Angst vor der neuen Normalität. Trotz Existenzangst und Co, war der Leistungsdruck einfach mal raus, weil man einfach nicht leisten konnte (ist natürlich Branchenabhängig). Auch, wenn das keiner von uns wirklich gewollt hat… wie schön ist es bitte einfach mal nur sein zu dürfen. Mit sich selbst, seinem Zuhause, der eigenen Familie. Kein Streben nach irgendwas, sondern wirklich das annehmen, was man bereits hat oder wer man bereits ist. Denn das ist es doch, was wir verlernt haben. Irgendwie ist man immer auf der Suche nach mehr… und immer öfter frage ich mich „warum eigentlich?“. Und vor allem… wofür?
Erstaunlicherweise verfliegt die Zeit auch ohne große Projekte und dem täglichen Druck der eigenen Existenzerhaltung.
Jedenfalls verstehe ich immer mehr den Wunsch von Menschen, die ausbrechen möchten. Die aussteigen aus gesellschaftlichen Vorgaben und dem täglichen Leistungsdruck. Ich weiß nicht, ob ich jemals den Mut dazu finde… aber mein persönlicher Wunsch nach „Ausstieg“ wird von Jahr zu Jahr intensiver. Da ist eine tiefe Sehnsucht in mir nach Einfachheit und Natur. Warum das so ist, lässt sich nicht in wenigen Worten erklären. Ich spüre sie nur… diese tiefe Sehnsucht… und ich weiß noch nicht, was ich mit ihr anfange…
Die vergangenen Wochen waren begleitet von unglaublicher Angst und dem genauen Gegenteil. Da war auch pures Glück, viel Zeit, Zufriedenheit und Miteinander. Es gab keine spektakulären Highlights und doch war alles irgendwie spektakulär.
Zur Zeit date ich Harry Styles. Und zum ersten Mal im Leben wünschte ich, ich wäre wieder deutlich jünger und nicht so Mainstream. Jedenfalls hatte ich 2 richtig nette Abende mit Harry und YouTube.
Ich hab einen Faible für extrovertierte Künstler. Menschen, die nicht immer angepasst sind und nach und nach die Ketten sprengen, in denen sie sich vorher bewegt haben. Ich meine… der Typ ist 26 und normalerweise würde ich schon beim Thema Kleidungsstil den Kopf schütteln und weitergehen, aber Harry kann Glitzeranzüge tragen und das Mädchen in mir flippt aus.
Eigentlich kannte ich ihn gar nicht wirklich. Er hat sich einfach in mein Ohr gesungen und seit „Adore you“ hat es mich quasi „erwischt“ und ich hab mich mal durch seine Werke gehört, denn wir erinnern uns… ich bin ein kleiner Musikfanatiker.
Ich habe also 2 Abende damit vertrödelt Videos und Konzertausschnitte anzusehen und ich habe es so sehr genossen auf meinem Sofa zu sitzen, ein Glas Wein dabei zu trinken und nur diesen „Blödsinn“ zu machen.
Absolut empfehlenswert und sehr lustig ist übrigens das Crosswalk Konzert mit James Corden.
Meine absoluten Songfavoriten sind „Ever since New York„, „Cherry„, „Lights up“ und „Kiwi„.
Ich glaube „Lights up“ ist mein persönlicher Sommersong. Nicht zu viel, nicht zu wenig, irgendwo mittendrin und kommt bei voller Lautstärke, einem lauen Sommerabend und geöffneten Fenstern im Auto richtig gut. Da bekommt man so dieses Gefühl von „ich fahre jetzt weiter bis ans Ende der Welt“… außerdem geht es um die eigene Sexualität und sich in kein Schema pressen zu lassen… und Sex passt doch einfach verdammt gut in einen richtig großartigen Sommer.
Meine Datephase mit Harry habe ich tatsächlich auf historischem Wege beendet und mich dazu aufgerafft endlich Christopher Nolans Meisterwerk „Dunkirk“ anzusehen. Und ja… man kann sich sicher über die Erzählweise von Christopher Nolan streiten, aber ich selbst bin großer Fan der nicht immer vorhersehbaren Handlungsstränge in seinen Filmen.
Das bringt mich auch wieder zurück zu meinen vorherigen Gedanken. 1940… dorthin möchte niemand je wieder zurück. Ich wusste eigentlich gar nicht, was mich bei diesem Film erwartet, doch die gezeigte menschliche Seite am Ende hat sehr viel gemeinsam mit dem, was im Augenblick passiert.
Ganz oft denke ich das gehörig was schief läuft und das wir uns auf die falschen Dinge konzentrieren, aber das ist eben auch sehr subjektiv und getrieben von persönlichen Ansichten gepaart mit eigenen Erfahrungen. Ich frage mich, warum immer noch Geld in die Rüstung gesteckt wird und warum so wenig Menschen hinhörten, als vergangene Woche die Forscher von der Eisschmelze in der Arktis erzählten und was das für uns bedeutet oder für unsere Kinder.
Ich meine, ich kann mich da selbst nicht rausnehmen. Ich habe die Anwesenheit der Pandemie erst akzeptiert, als sie bereits da war. Und ich glaube das ging sehr vielen so. Heißt also, in der Regel reagieren wir erst, wenn die Gefahr bereits an der Türschwelle steht und klingelt.
Eins ist mal klar… ich für meinen Teil möchte nicht einfach nur existieren, mich in meinen Cocon zurückziehen und abwarten. Da gibts noch was zu tun und irgendwie möchte ich ein Teil davon sein… ich weiß nur noch nicht genau, welcher das sein wird… aber ich habe eine klitzekleine Ahnung und das ist schon schon mal ein Anfang.
Und ich werde das tun… mit Musik auf den Ohren… im Moment mit der von Harry Styles (rauf und runter, rauf und runter…. immer und immer wieder…)
Lights up…
Das ist doch kein Blödsinn, den Du gemacht hast. Manchmal und vor allem jetzt braucht man das einfach. Ich genieße die Abende meist mit einem Glas Weißwein am Fenster. Könnte ich Stunden machen…ja, meistens nimmt man erst Probleme war, wenn diese schon die Haustür passiert haben, kenne ich zu gut!
Liebe Andrea!
Was für ein bewegender Artikel – wieder mal.
Wenn ich nicht so müde wäre würde ich auf alles eingehen wollen. Geht leider nicht.
Aber ich hab mich in einigen Sätzen ganz besonders wiedergefunden …“Eine tiefe Sehnsucht nach Einfachheit und Natur“ zum Beispiel. Die habe ich im Grunde seit ich denken kann aber, sie wurde mir kurz vor Corona ganz intensiv bewusst, darüber habe ich auch auf meinem kleinen Blog geschrieben.
Zwar freue ich mich sehr, nach zwei Wochen Urlaub und zwei Wochen Krankschreibung wieder arbeiten gehen zu können, aber das mein Leben dauerhaft eine Veränderung braucht, das ist mir noch einmal mehr bewusst geworden in diesen seltsamen Zeiten.
Liebe Grüße und noch viel Spaß mit Harry!
Iris?
Meine fast 17jährige Tochter wäre diesen FREITAG in Hamburg auf dem HARRY STYLES Konzert, aber dank Corona ist das Konzert auf März21 verschoben 🙁 Nun ja…
STYLES-HYPE also auch bei uns daheim 🙂
LG
Ilka