#glücklichmacher #sonderedition – Wer klammert, verliert. Loslassen ist nicht das Ende, sondern der Anfang von allem (Wolf Lotter).

Bali zum ersten Mal

Sonntag 05:58 Uhr.

Eigentlich hatte ich mir gestern geschworen Laptop und Smartphone nicht mehr anzurühren für den Rest des Wochenendes, aber meine Gedanken tanzen fröhlich Samba und das ist immer eine sehr gute Basis um einfach draufloszuschreiben und den Gedankensalat in Form zu bringen.

Glücklicherweise hatten wir ja heute Nacht Zeitverschiebung. In Wirklichkeit ist es also schon 07:00 Uhr.

Ich bin schon fast so weit 2019 eine Dankesrede zu schreiben, aber da kommen ja noch 2 Monate und die haben es nochmal in sich. Es wäre also deutlich zu früh damit anzufangen.

Trotzdem blicke ich – ein wenig – ungläubig auf die vergangenen 10 Monate zurück.

Da war dieses Silvester in New York, gemeinsam mit Luca. Ich meine, das muss man sich mal vorstellen. Silvester in New York macht man vielleicht einmal im Leben und dann hat es so geschüttet, dass wir mit 2 lustigen 2019 Brillen (die wir noch im letzten Moment am Straßenrand gefunden hatten) im Hotelzimmer vor dem Fernseher standen und den Countdown runter zählten.

Es war schon ein bisschen verrückt und ich weiß noch, dass mich Angst beschlich. Wie konnte 2019 ein gutes Jahr werden, wenn es mit Dauerregen in New York startet?

Am 1. Januar wachten wir auf. Der Himmel war blau. Die Sonne schien. Es war so warm, dass wir im T-Shirt über die Brooklyn Bridge flanieren konnten.

Ich hätte die Welt umarmen können.

Manchmal unterhalten wir uns über diesen 1. Januar und wir können uns an jedes Detail erinnern. Das war so ein Tag, den man für die Ewigkeit festhalten möchte, weil es so herrlich emotional und intensiv war.

Ich schweife ab.

Es ist so… 2019 fühlt sich nicht mehr, wie Kampf an. 2019 fühlt sich an, wie „Loslassen“ und erstaunlicherweise wird das vom Wachstum mentaler Stärke begleitet.


Zu gehen ist schwieriger, als zu bleiben…


Ein Satz, in dem so unendlich viel Wahrheit steckt und der sich auf so viele Situationen im Leben bezieht. Das fängt schon an bei diesem einen Pullover im Kleiderschrank. Wie schwierig kann es bereits sein, sich von einem Kleidungsstück zu trennen? Diese Momente kennen wir doch alle!

Ich habe in den vergangenen Wochen unglaublich viele, interessante Dinge gelesen und Podcasts gehört. Geschichten von Menschen über Menschen. Das ist es, was mich nach wie vor inspiriert und motiviert.

Und fast jede Geschichte hat einen ähnlichen Ausgangspunkt. Die Hauptakteure waren bereit ihre Komfortzonen zu verlassen. Gesellschaftlicher Status, prall gefüllte Konten, der dicke BMW vor der Tür… waren egal.


Erst, wenn materieller und gesellschaftlicher Status keine Rolle mehr spielt, ist man auch bereit für Veränderung.


Und erschwerend kommt die Angst vorm Alleinsein hinzu. Sich selber aushalten. Ihr kennt ihn bestimmt… diesen verrückten Zwiespalt zwischen Sehnsucht nach Stille, die sofort unterbrochen wird von diesem Gefühl der Einsamkeit.

Mich hat letztens jemand gefragt „ja, aber was machst du denn dann, wenn dein Sohn jetzt 10 Tage weg ist“?

Ich wusste erstmal gar nicht was ich antworten soll, weil ich darüber gar nicht nachgedacht habe. Ich war kurz eine Mischung zwischen ärgerlich, belustigt, überrascht… als würde sich mein Leben in meiner Abhängigkeit von anderen Menschen definieren. Nur tut es das nicht.

Ich weiß gar nicht… wirkt das vielleicht manchmal eigenbrötlerisch? Denn so fühle ich mich gar nicht. Aber vermutlich hätte ich, in meinem früheren Leben, Personen wie mich, auch so wahrgenommen.

Es ist vielmehr so, dass ich dieses selbstbestimmte Dasein nicht mehr aufgeben wollen würde und schon gar nicht für einen Partner an meiner Seite. Ich nehme nur sehr wenige Paare wahr, die wertschätzend und aufmerksam miteinander umgehen. Ich glaube daran, dass Partnerschaften Qualität haben dürfen und Qualität bedeutet immer! deutlich mehr Arbeit, als viele bereit sind zu leisten.

Im Übrigen hat, sich nahtlos in eine neue Partnerschaft zu stürzen, nichts mit „Loslassen“ zu tun. Das nennt man „erfolgreiche Verdrängung„, denn rein gar nichts wird aufgearbeitet. Damit meine ich nicht, die Probleme der Partnerschaft an sich, sondern Aufarbeitung mit sich selbst. Nur das kann der Weg sein, wenn man den immer wieder gleichen Kreislauf, an irgendeiner Stelle, durchbrechen möchte.

Gestern, so gegen 15 Uhr, stand ich im Büro und fühlte mich unendlich leer. 5 Stunden Smartphone Fotografie Workshop lagen hinter mir und danach ist eine Tonnenschwere Last von meinen Schultern gefallen.

Ich wusste, ich möchte das unbedingt machen, aber das ist natürlich begleitet von ganz vielen Ängsten. Allem voran die Angst vorm Scheitern. Ideen kann man ja viele haben, wenn der Tag lang ist… aber kommt überhaupt jemand und wenn ja, kann ich mein Wissen so vermitteln, dass sich meine Teilnehmer „abgeholt“ fühlen?

Parallel dazu las ich immer wieder mal so Kommentare, wie „wer braucht schon solche Workshops… das kann ich alles auch so, die Infos bekomme ich auch umsonst im Internet oder diese Bilder macht das Smartphone auch von alleine„.

Ich würde ja gern behaupten, dass mich nichts auf dieser Welt verunsichern kann, aber das ist natürlich absoluter Bullshit. Ich gebe zwar nicht auf, nur sitzt irgendwo im Kopf immer so ein kleiner Bauarbeiter, der fröhlich versucht Zweifel in die Synapsen zu hämmern.

Als dann alle Frauen am Tisch Platz genommen hatten, stand ich noch in der Küche und machte Kaffee. Ich dachte nur „oh mein Gott… jetzt sitzen alle da und haben tatsächlich eine Erwartungshaltung an mich„. Ich hätte mich am liebsten übergeben und wäre weggelaufen.

Luca hatte mir am Freitag bei den letzten Vorbereitungen geholfen. Ich brütete noch über 2 Büchern und fragte mich ganz verzweifelt, wie ich all diese Informationen gut vermitteln könnte.

Mein Sohn sagte dann „Mama, hör auf damit. Sei einfach du selbst und vermittle das Wissen auf deine Art.“ (Wann zur Hölle ist dieses Kind so erwachsen geworden?).

Daran erinnerte mich, ging in den Workshopraum und legte los.

Am Ende bat ich die Frauen um Feedback, um konstruktive Kritik und noch während ich darum bat, saßen alle da und applaudierten. Da waren keine großen Worte… nur dieser Applaus.

Danach saßen wir alle noch eine Stunde am Tisch und redeten einfach nur und lebten das, was das Konfettihaus sein soll… ein Netzwerk für Frauen. Ich bin immer wieder unendlich tief berührt, auf welchen Wegen zu mir gefunden wird und das es für viele Frauen schon ein großer Schritt ist, einfach einen Kurs für sich zu buchen… sich selbst etwas gutes zu tun.

Eine Teilnehmerin sagte zu mir: „Es hat mir in den letzten Jahren unendlich gut getan dir einfach nur zuzugucken… alleine das hat geholfen„.

Das ist für mich wirklich manchmal ein Kontrastprogramm, weil es ja auch Menschen gibt, die mir schreiben, wie endlos scheiße sie es finden, dass ich euch hin und wieder auf meine Hunderunden mitnehme oder einfach über meinen Alltag spreche (allerdings können genau diese Menschen auch nicht aufhören hinzuschauen). Blockiere ich sie auf dem einen Kanal, machen sie auf dem anderen weiter… fragt sich also, am Ende des Tages, was wirklich scheiße ist.

Es war ein ganz merkwürdiges Gefühl, als dann alle weg waren und Ruhe in der Konfettizentrale einkehrte. Ich hätte am liebsten erstmal stundenlang geheult. Aber stattdessen bin ich nach Hause gegangen, hab noch ein wenig aufgeräumt, Nudeln gekocht und den Rest der 1. Staffel von True Detective geguckt (sehr empfehlenswert).

Für mich? Der perfekte Samstag.

Ich habe es schon auf Instagram erzählt. Am Bahnhof ist mir die brandeins Sonderedition in die Hände „gefallen“. Inhaltlich geht es darum „wie man voran kommt“. In Summe gibt es die 20 inspirierendsten Geschichten der letzten Jahre dazu.

Darunter ist auch ein Artikel von Wolf Lotter zu finden. Er beschäftigt sich mit dem Thema „Loslassen“.

Mein erster Gedanke? Bitte nicht noch eine Abhandlung dazu und dann hab ich doch angefangen zu lesen (zum Glück) und für mich war es der bisher realistischste und pragmatischste Artikel, den ich je zu dieser Thematik gelesen habe. Frei von leeren Versprechungen… einfach nur ein klarer Blick auf die Dinge, wie sie eben sind. Diese Sicht entspricht sehr meiner eigenen Persönlichkeit und vermutlich mag ich sie deswegen so sehr.

Wolf Lotter geht auch auf die Identifikation mit dem eigenen Beruf ein und was das eigentlich bedeutet und irgendwann schreibt er:


Der Idealzustand sei erreicht, wenn man jeden Tag „bei bester Laune ein wenig überfordert ist“. Und weitermacht.


Dieser Satz hat mir ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert oder nein… ein breites Grinsen. Er beschreibt mein tägliches Leben, was den Job angeht. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie oft ich schon gesagt habe „ok, mach ich“ und ich hatte nicht mal annähernd eine Ahnung von der Materie. Verzweifelt war ich oft, aufgegeben hab ich aber nie.


Zum Abschluss noch eine schöne Geschichte.


Vergangenen Sonntag kam mein Sohn wieder zurück von seinem Aufenthalt bei seinem Vater. „Ich hab dir was mitgebracht“, sagte er.

Es war eine Flasche Bier. Bintang. Bier aus Indonesien.

Vermutlich ahnt mein Sohn nicht mal annähernd, was diese kleine Flasche Bier in mir auslöst.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ganz viele Frauen wissen, warum mir das so viel bedeutet. Es ist dieser Moment der Aufmerksamkeit.

Ich mochte dieses Bier auf Bali sehr und alleine die Tatsache, dass er irgendwo in Holland im Supermarkt steht und sich daran erinnert, ist von unschätzbarem Wert.

Ich wünsche euch einen wunderbaren Sonntag.


Eure Andrea

2 Kommentare

  1. 27. Oktober 2019 / 8:27

    Pure Gänsehaut. Ich weiß genau was du meinst mit dem Punkt der Aufmerksamkeit. So schön..also ich gucke gerne deine Hundystories mit Bomel

  2. Brigitte B.
    27. Oktober 2019 / 9:39

    Danke, dass du mich virtuell mit auf deine Reise mitnimmst. Natürlich findet nicht immer alles meine ungeteilte Zustimmung, aber das macht doch gerade den Unterschied – mal nachdenken, andere Sichtweisen bedenken. Kurz mal in deinen Schuhen gehen.
    Mittlerweile glaube ich, wir sollten uns im Internet alle mit Klarnamen anmelden müssen, in den demokratischen Staaten mit Meinungsfreiheit.
    Noch einen angenehmen Sonntag – Brigitte

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